Montag, 13. Mai 2013

Die Gerichtssprache ist deutsch!

Die deutsche Rechtspflege ist - wie die Fellpflege beim Haustier - schon was Tolles. Darüber hinaus einfach wichtig für Gesundheit und Hygiene, manchmal tut's halt ein bißchen weh. Aber insgesamt ist sie notwendig, sinnvoll, hilfreich; die Spielregeln sind ordentlich und klar. Meistens jedenfalls.


Bis auf die spannenden Ausnahmen selbstverständlich, zum Beispiel dann, wenn sich Gesetze ungeordnet überschneiden oder sich gar gegenseitig ausschließen, wie bei der
  1. Impressumspflicht nach § 55 Absatz 2 Satz 1 RStV ("Als Verantwortlicher darf nur benannt werden, wer 1. seinen ständigen Aufenthalt im Inland hat...") und der
  2. Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union (gemäß EU-Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG, umgesetzt in Deutschland durch das Freizügigkeitsgesetz/EU)
Bei solchen Widersprüchlichkeiten braucht es dann übergeordnete Instanzen, die erst die Klärung herbeiführen und das machen sie dann ja auch sehr gerne, gegen Gebührenrechnung.

Immer wieder gern wird daher als Einschlaflektüre, also zur Entspannung der Seele und zur Ordnung der Gedanken, wärmstens empfohlen: die StPO (Strafprozeßordnung), die ZPO (Zivilprozeßordnung), das BGB (Bürgerliche Gesetzbuch) und natürlich insbesondere das GVG (Gerichtsverfassungsgesetz). Dort lernt man was fürs Leben!


Non scholae sed vitae discimus

Dort lernt man auch was - für den aktuellen Prozeß der Bundesrepublik Deutschland gegen den jüdischen Arzt Dr. Poznanski - über die Psyche der Zeugin Wachendorff oder die gelegentliche Sprach- und häufig erkennbare Fassungslosigkeit des Richters Biernath.



Die Gerrrrichtssprrrache ist deutsch!

Jawollll, mein Führrrrrerrrr! - Das hat natürlich seinen Sinn, denn die Sprache, das Deutsche, ist schließlich das einzige, was die Deutschen verbindet, denn die Sache mit einer Identitätsstiftung qua "Volk" und "Nation" ist bei den Deutschen ja seit jeher etwas fraglich; im übrigen - und nur darauf kommt es hier an - ist die Verletzung des Grundsatzes des § 184 GVG ein absoluter Revisionsgrund!


This work has been released into the public domain by its author, Johannes Otto Först. This applies worldwide




Der Richter hat Recht! 

Insofern hatte der Richter Biernath natürlich in der Sache recht, als er den Angeklagten Dr. Adam Poznaski unterbrach und ihn rügte, als dieser die Zeugin, die "Kostümjüdin" Irena Wachendorff, anläßlich seiner Befragung, mit den Anfangsworten eines jüdischen Segensspruches ansprach und die Zeugin fragte, ob sie das Gebet zu Ende sprechen könne: "Baruch atah, Adonai Eloheinu, Melech haolam, asher kid'shanu...", worauf sie, die angebliche Vorbeterin einer jüdischen Gemeinde, ja hätte zu Ende führen können: "... b'mitzvotav, v' tzivanu l'hadlik ner shel Shabbat." Das können jüdische Vorschulkinder bereits dann sagen, wenn sie noch nicht schreiben können, weil sie es nämlich zu Beginn jedes Schabbats bereits im Mutterleib gehört haben.

Aber nein, zum einen durfte die "kostümjüdische"Zeugin vom jüdischen Angeklagten nicht - so Richter Biernath wörtlich - "examiniert" werden, zum anderen durfte sie nicht nach ihrer Religion befragt werden (was natürlich angesichts der angeblichen Beleidigung, die der Angeklagte verbrochen haben soll, ein schlechter Witz ist, überdies ebenfalls ein Revisionsgrund), und drittens gilt, wie gesagt:


Gerichtsverfassungsgesetz 15. Titel - Gerichtssprache (§§ 184 - 191a)
Gliederung
§ 184
Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.
Fassung aufgrund des Ersten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 19.04.2006 (BGBl. I S. 866) m.W.v. 25.04.2006



Frankfurt ist nicht jüdisch, Frankfurt ist nicht sorbisch

Deswegen hat man im Gerichtssaal gefälligst auch nicht zu jiddeln. Frankfurt am Main jedenfalls ist auch nicht sorbisch, Frankfurt an der Oder allerdings schon, wenn man das historische Siedlungsgebiet der Slaven betrachtet. Aber das spielt hier ja keine Rolle, obwohl die Wachendorffsche Ahnenforschung seitens des Chronisten noch nicht ganz abgeschlossen ist und durchaus Bezüge nach Osten aufweist. Und auch der Angeklagte Poznanski hat - wie sein Familienname nahelegt  - durchaus Verbindungen zum slavischen Sprach- und Siedlungsgebiet. Aber lassen wir's gut sein damit...



Man spricht deutsh! 


Halten wir fest, in Frankfurt am Main spricht man deutsch, sofern wir den mitteldeutschen Dialekt des Hessischen einmal als "Deutsch" verstehen wollen. Aber man kann auch noch mehr. Der Chronist, der prüfen wollte, ob er zur morgigen Gerichtsverhandlung (Tag drei) eventuell "seinen Hund, jene merkwürdige Mischung aus Reh und Polarfuchs, unter Umständen mitbringen könne" (dieses Zitat ist eine Hommage an Hanns Dieter Hüsch), wählte die Rufnummer der dortigen Zentrale, und hatte dann folgende polyglotte Endlosschleife über die Freisprecheinrichtung, bis er nach 16 Minuten und 25 Sekunden dieses öde Spiel beendete:
Guten Tag, Sie sind mit den Justizbehörden Frankfurt am Main verbunden. Derzeit sind leider alle Leitungen belegt, bitte haben Sie einen Moment Geduld. - Thank you for calling the Frankfurt Courthouses. All lines are busy at the moment. We will connect you as soon as possible. - Bitte haben Sie noch einen Moment Geduld. Der nächste freie Mitarbeiter wird ihren Anruf entgegennehmen. - Wait a moment. The next staff member will answer your call.Guten Tag, Sie sind mit den Justizbehörden Frankfurt am Main verbunden. Derzeit sind leider alle Leitungen belegt... 
Inzwischen hat sich für den Hund ohnedies eine andere Unterbringung gefunden, sodaß sich die Frage also erledigt hat.





Wie ist das eigentlich mit dem Recht in Deutschland?

Besonders schön allerdings war - jenseits dieser oberflächlichen Sprachprobleme - eine Thematik, die so richtig bis in die Wurzel gehend das fragwürdige Rechtsverständnis des Richters Biernath - und, last but not least - seine offenbar brüchige Allgemeinbildung schonungslos ausleuchtete. Der Angeklagte Dr. Poznanski, der sich immer mal wieder darin gefiel, mit lateinischen oder griechischen Zitaten wider den Stachel zu löcken, brachte anläßlich einer wiederholten Unterbrechung seiner Rede durch den Richter die Sprache auf die Gewaltenteilung und auf Baron de Montesquieu, worauf Richter Biernath sofort "angestochen" lospolterte und dem Angeklagten über den Mund fuhr mit der nahezu genial sinnfreien Aussage: "Hier gilt deutsches Recht!"

Dies wirft ein Licht auf die Misere, die sich in diesem Prozeß abzeichnet; denn entweder ist der Richter gedanklich bereits im Ruhestand... - dann tut er sich mit einer derartig rüden Prozeßführung zum Abschied wirklich keinen Gefallen.



Allgemeinbildung und juristisches Fachwissen mangelhaft? 

Oder aber - und man weiß nicht, welche der beiden Möglichkeiten die schlimmere ist - sein akademisches Studium der Jurisprudenz, vermutlich in der zweiten Hälfte der Sechziger des letzten Jahrhunderts begonnen und Mitte der Siebziger abgeschlossen, hatte keine besonders gute rechtsphilosophische und rechtshistorische Grundlage. - Wenn er solche Details wie die Gewaltenteilung nicht einfach vergessen hat, weil es so lange her ist, daß er von John Locke und von Charles Baron de Montesquieu gehört hat...


Graphic of the German legal power organisation. 
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Vergessen? Die Basis unseres Rechtsstaates?

Das allerdings wäre ganz übel. Denn Charles-Louis de Secondat, Baron de La Brède et de Montesquieu, gilt als der Vater des Gedankens der Gewaltenteilung, was ihn zu einem Übervater der Väter des Grundgesetzes macht. Das sollte man auch als Amtsrichter dermaßen verinnerlicht haben, daß man den bodenlosen Unfug des Satzes "Hier gilt deutsches Recht!" als Antwort auf das Stichwort "Montesquieu" eigentlich auch im Halbschlaf oder bei Volltrunkenheit erkennen sollte. 

Es sei denn, man will als Richter am Amtsgericht bewußt und gezielt zum Ausdruck bringen, daß einem die Gewaltenteilung in Deutschland - die unter anderem das nationalsozialistische "Großdeutschland" und die Bundesrepublik nicht ganz unerheblich voneinander unterscheidet! - mehr oder weniger scheißegal ist. Und das wiederum wäre dann fatal in einem Prozeß, in dem ein solcher Richter über die Anklage eines Staatsanwaltes, der sich auf eine erlogene und frei erfundene "Jüdin", auf eine gerichtsnotorisch verlogene Zeugin stützt, ein "Urteil" zu sprechen hat.

Ein deutscher Richter, der einen solchen Satz mit den hier ausgeführten Implikationen ausgerechnet einem Juden ins Gesicht sagt... - so etwas dürfte, wenn man das im Ausland wahrnimmt, größeres Interesse hervorrufen.

Und man wird es wahrnehmen, Herr Biernath!


2 Kommentare:

  1. Echte Staatskunde, die Spaß macht - Kay!

    Gut dass ich nicht anstelle "Montesquieu" den Namen "de Maiziere" erwähnte, sonst hätte der Richter Biernath noch die Bundeswehr verboten....

    http://utaliquidfiat.blogspot.de/2013/05/richter-biernaths-kopfsalad.html

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